FSV2000
Sonntag - März - 18.03.2007 - 08:30 Uhr
Mid Air Collision, ein gänzlich anderer Gedanke ...
Nach Wr. Neustadt und Zell am See musste es ja so kommen, die anderen Flugfelder sehen sich mit Zeitungs- und Bürgeranfragen konfrontiert:
Kann so etwas bei Euch nicht auch passieren ???
Vorige Woche hatten wir dazu einen Pressetermin, einer interessanten etwa einstündigen Diskussion folgte der angehängte Artikel.
Ich muss ja gestehen,dass ich mit einem unguten Gefühl diesen Termin wahrgenommen hab, bei voreingenommener Berichterstattung könnte ja ein furchtbarer Bummerang auf uns zukommen. Es war jedoch eine Freude mit dem Redaktionsleiter über das Thema zu sprechen, zu sehen, dass trotz kritischer Betrachtungsweise, die Argumente und Aktionen welche gesetzt werden, gehört und verstanden wurden. Zu sehen, dass nicht ein vorgefasstes Negativbild lediglich bestätigt werden sollte, sondern, dass mit hoher Professionalität, alle Seiten der Thematik beleuchtet wurden.
Ich möchte Euch aber auch meine Sicht der Dinge nicht ersparen und hab hier einige Zeilen :-)) zusammengeschrieben....
Mid Air Collision
ein paar Gedanken zu Zell und Wr. Neustadt...
nicht alle Gedanken zu diesem Thema entstammen meinem Hirn, einige sind bei Diskussionen am Flugplatz aufgeschnappt und weitergesponnen, abgewogen, bewertet und teilweise hier enthalten.
Zwei Flugzeuge stossen in der Luft zusammen, oh schrecklich, Unfall, kann so was auch bei uns passieren ??
Natürlich, so wie zwei Autos auf der B303 zusammenstoßen, so wie Skater und Radfahrer am Donauuferweg kollidieren, so können auch zwei Flugzeuge in der Luft zusammenstoßen.
Jetzt ist es natürlich nicht einfach so, dass wir dasitzen und darauf warten, dass etwas passiert. Eine Vielzahl von Vorschriften und eingelernten Verhaltensmustern hilft uns solche Dinge zu verhindern.
Wir kennen:
Ausweichregeln, engegenkommende, kreuzende Kurse, Anflug zur Landung etc., alle haben ihre Bestimmungen
Mindestsichtweiten, kein Fliegen bei schlechter Sicht nach Sichtflugregeln
Wolkenmindestabstände
Luftraumbeobachtung
nachdem beide Luftfahrzeuge nach Sichtflugregeln unterwegs sind, müsste wohl zumindest einer den anderen sehen und reagieren
Wir legen Routen für An- und Abflüge differenziert fest, um Kollisionen zu vermeiden
Wir definieren Reiseflughöhen nach Himmelsrichtungen, um Zusammenstöße im Reiseflug zu verhindern
Sichtflieger werden von Instrumentenfliegern getrennt, um Sicherheit zu schaffen
Wir haben uns erkennbar aus dem Platzrundenverkehr herauszuhalten, wenn wir an einem Flugplatz vorbeifliegen
Wir wissen um Problemfälle (Hoch und Tiefdecker)
Wir sind mit Funk ausgestattet, wissen im Platzbereich, wer wo ist
Der Flugplatzbetriebsleiter hilft beim Einteilen der Landefolgen
Wir beschränken die Anzahl der Flugzeuge pro Platzrunde, um die Verkehrsdichte zu verkleinern
Wir werden zum Teil radargeführt
Es gibt wahrscheinlich noch -zig Regeln zu diesem Thema, welche zwar täglich angewandt, mir hier jetzt gar nicht einfallen oder bewusst werden, aber ich denke es ist wohl zu einfach, die Schuld auf die Piloten abzuwälzen, einfach zu sagen, Pech gehabt, da sind wohl zwei geflogen, die nicht geschaut haben. Wir werden in einigen Wochen oder Monaten einen Unfallbericht lesen, in welchem vermutlich aufgezeigt wird, dass einer der beiden Piloten einen Fehler gemacht hat, schlecht geschaut, von der Sonne geblendet etc.
Punkt Schluss Ende, weiter geht’s in der Tagesordnung. Vielleicht wird man wie in den letzten Jahren üblich, inform einer Anlassgesetzgebung noch einige neue Vorschriften erlassen, welche im Dschungel der Reglementations aus nationalem, internationelem und EU Recht untergehen werden.
Werden wir Kleinflugzeuge mit Kollisionswarngeräten ausrüsten müssen, welche für unsere Art von Fliegern gar nicht erhältlich oder einafch unbezahlbar teuer sind ??
Klar, das wäre ein deutliches Zeichen unsere Politiker, reagiert zu haben, die Bevölkerung geschützt zu haben.
Dass 2002 zwei Verkehrsluftfahrzeuge trotz dieser Systeme an Bord, über dem Bodensee in 12000 Metern Höhe zusammengestoßen sind, wird dann wohl schon in Vergessenheit geraten sein. Wohl auch, dass es im September 2006 in Brasilien wieder eine Kollision gegeben hat
Um es ganz klar zu sagen, solange Menschen Flugzeuge fliegen, werden Unfälle passieren
Ein Aussage, welche nicht in das Schema der heutigen Einlullung unserer Sicherheitspolitik passt. Wir werden von der Obrigkeit in einen „Glauben der absoluten Sicherheit“ versetzt, man will uns weismachen, alles und jedes regeln, planen und vorausberechnen zu können.
Dass dies nicht funktioniert, zeigt die Macht des Faktischen (9ter September, Krebs – was nun, Unfall auf der B303).
Der so geschaffene „Homosapiens Perplexus“ reagiert sehr erstaunt darauf, wenn die Realität plötzlich zuschlägt und die geschaffenen Regeln nicht auszureichen scheinen, der Hausverstand ist ja schon längst im Paragraphendickicht verschüttet worden .....
Unsere Verantwortlichen sollten einmal zu agieren beginnen, nicht immer nur reagieren, darüber nachdenken (leider muss man sich dazu in seinem Ressort auskennen und Fachkenntnisse besitzen), ob man nicht durch eine Kurswende im Umgang mit den Flugfeldern die Situation entscheidend und ohne Aufstellung von neuen Regeln verbessern könnte.
Wie das gehen soll ?? – ganz einfach, die Schaffung von neuen Flugfeldern darf nicht zu einem Akt der Unmöglichkeit werden, sondern sollte einfach einmal unter dem Gesichtspunkt der tatsächlichen Gegebenheiten erleichtert werden.
Es ist nicht zu leugnen, dass die Anzahl der Piloten in Österreich zunimmt, es werden Flugzeuge gekauft und es wird vermehrt auf das Verkehrsmittel Kleinflugzeug zugegriffen.
Dies steht aber in krassem Widerspruch zur Situation der Flugfelder. Hier sperrt man lieber zu als auf. Somit wird auf den bestehenden Flugplätzen nicht nur der Lärm immer mehr – ach ja, den können wir ja wegreglementieren – es wird auch der Luftraum immer dichter. Immer mehr Flugzeuge drängen sich im verbleibenden Ballungsbereich zusammen.
Vieles wurde jetzt schon gesagt, einen Punkt darf man aber auch nicht vergessen. Die Reglementierungen der letzten Jahre (im Speziellen der Reglementierungswahn der Europäschen Union) hat und wird die Fliegerei weiter verteuern. Die Folge davon ist, dass die Menschen weniger fliegen. Dies bedeutet aber, dass die Übung im Umgang mit den Geräten weniger wird. Die Konzentration auf die Maschine steigt, die verbleibenden menschlichen Kapazitäten werden weniger. Diese aber sind nötig, um den Luftraum zu beobachten und gedankliche Freiheit für Entscheidungen zu haben. Eine Katze, welche sich in den Schwanz beißt.
Die Unfälle sind nicht nur ein Produkt der Fehler der Piloten, sie sind auch ein Produkt der Fehler unserer Verkehrspolitik und im Umgang mit der Zivilluftfahrt.
Es wäre einmal an der Zeit, die Politiker zur Verantwortung zu ziehen. Diejenigen, welche die Verkehrspolitik machen, jene, welche für die Ballung der Luftfahrt in kleinen Reservaten verantwortlich sind.
Um es aber hier klarzustellen, wir in Stockerau arbeiten mit Nachdruck daran, Unfälle wie den in Zell am See zu verhindern.
Wir haben neben den allgemein anerkannten Vorschriften und Regelungen spezielle lokale Verfahren eingeführt, welche die Situation im Griff behalten sollen.
Dies beginnt bei einer Einschränkung der Flugschüleranzahl und endet nicht zuletzt im gemeinsamen Streben, am Abend den Flugplatz gesund wieder zu verlassen
Geschrieben von: Wolfgang Gockert