FSV2000
Mittwoch - Juli - 28.07.2010 - 10:55 Uhr
Ferry N724DL New York – Wien
Es war schon immer mein fliegerischer Traum einmal einen Flieger selbst über den Atlantik zu fliegen. Unlängst war es soweit, begonnen hat alles so:
Karl (Trabauer) und ich kamen hundemüde spätabends aus Bodrum (TR) in Stockerau an. Das letzte Stück unseres Fluges wurde uns noch durch unzählige CB´s im Wiener Raum versüßt (siehe Radar). Endlich in der Kantine in LOAU drehte ich mein Handy auf, um folgendes SMS zu empfangen:
Your Flights to JFK 08.07.08 OS 83 11.30 ex VIE arrival JFK 15.00. liebe Grüße Hans Peter
Na Super, Rückruf um die Ernsthaftigkeit zu hinterfragen, angeblich kein Scherz, unser neuer Flieger muß umgehend nach Europa geflogen werden. Mir blieb gerade noch Zeit meinen Koffer umzupacken und nach Schwechat zu fahren.
Beim Abflug aus Wien hatte ich weder mein FAA Type-Rating eingetragen, noch hatte der Flieger eine RVSM Zulassung (Lt. HP alles kein Problem, wenn ich drüben bin ist alles fertig).
Am nächsten Tag war mein erster Weg zur FAA in NY. Nach ausführlichen Security-Checks wurde ich endlich ins richtige Büro gebracht um mir meine amerikanische Lizenz abzuholen. Doch leider fehlte der FAA interne Taliban-Check, was die Ausstellung unmöglich machte. Es gelang jedoch alles so weit vorzubereiten, dass die Lizenz via Email zugestellt werden kann.
Am Nachmittag trafen dann Mario und Karl in JFK ein. Gemeinsam fuhren wir sofort nach White Plains um den Flieger ausführlich zu begutachten. Die RVSM-Zulassung war mittlerweile erfolgt, jedoch die Data-Base des G1000 endete an der kanadischen Grenze. Jeppesen sandte uns nach unzähligen Telefonaten daraufhin einen komplett neuen Daten-Satz der unser Routing abdeckte.
Unser Abflug war für den nächsten Tag morgens geplant, doch fehlte noch immer meine FAA-Lizenz. Somit verbrachten wir den folgenden Tag ausschließlich am Flughafen, um sofort nach Einlagen des versprochenen Emails in der Luft zu sein. Die Mustang stand vollgetankt und abflugbereit am Vorfeld. Leider blieb den ganzen Tag die versprochene Lizenz aus uns so fuhren wir deprimiert zurück ins Hotel.
Da bereits Donnerstag war, glaubte ich zu diesem Zeitpunkt das Wochenende in New York verbringen zu müssen. Karl hatte bereits Flugzeiten für seinen Rückflug nach Wien mit Air-Berlin eingeholt, um am Freitag die Rückreise antreten zu können.
Wie durch ein Wunder erreichte uns am Freitag früh beim Frühstück im Hotel der erlösende Anruf, dass meine Lizenz in 20 Minuten ausgestellt wird. Seit diesem Zeitpunkt, ist mir der Begriff Quick-Checkout ein Begriff. 10 Minuten nach dem Anruf waren wir bereits im Taxi am Weg zum Airport. Die letzten Ausreiseformalitäten erledigt, Gepäck verstauen, Wetter checken, Flugplan aufgeben. Ziel des ersten Tages war Goose Bay. Raus aufs Vorfeld, rein in die Mustang.
Unser Abflug aus Westchester County Airport KHPN wurde weiterhin verzögert. Der aufgegebene Flugplan war nicht im System. Hört sich ungefähr so an: Westchester Clearance N724DL request IFR-Clearance to Goose Bay – N724DL, sorry we don´t have a flightplan, you have to file a new one.
Wieder raus aus dem Flieger Telefon – Anruf Flight Service Station – angeblich Plan da aber nur ICAO und nicht nach FAA. Also gut, machen wir einen zweiten Plan nach FAA Format. Well done, zurück in den Flieger, 10 Minuten warten - Avionic on, Westchester clearance ..., sorry we don´t have your flightplan. Meine Kraftausdrücke zu diesem Zeitpunkt erspare ich dem Leser, beruhigende Worte meiner Crew – abschnallen Flieger raus – neuer Versuch. Man hört immer wie einfach es in den USA ist einen IFR-Plan zu filen- glaubt mir is a Gschichtl! Beim dritten Versuch hatte ich das Glück eine Tower-Controllerin in der Mittagspause zu treffen, die mir zusicherte sich des Problems anzunehmen. Wir mögen in 10 Minuten noch einmal eine Clearance einholen, dann sollte es klappen. Zurück zum Flieger, meinen Kollegen die News erzählt und Warten (bei ungefähr 35° C ohne AC).
Wunder über Wunder der dritte Clearance request wurde akzeptiert:
N724DL cleared destination Goose Bay Westchester 1A departure, squak 5478, departure frequency 119.55, start up approved
Laufende Turbinen sorgen auch für angenehmere Temperaturen (AC) und bessere Stimmung im Flieger. Cleared for take-off 01L
KHPN (41°04'01"N 73°42'27"W) CYYR (53°19'09"N 60°25'33"W) 31° (NE) 911 nm
Endlich in der Luft auf dem Weg nach Kanada. Im New Yorker Luftraum ist ja Gott sei dank kaum Verkehr und der Funk richtig easy going. Nach ungefähr fünf handoffs im New Yorker airspace kamen wir auf Boston center wo es etwas ruhiger wurde.
Mittlerweile waren wir in FL350 angekommen und bekamen vom ersten kanadischen Controller die Freigabe. direct goose. Glaubt mir, ab diesem Punkt wird es am Funk merklich stiller. Der Höhenwind war uns auch hold und so ging es mit ungefähr 400 Knoten in Richtung Goose.
Landung, Wetter alles Bestens, Flugzeit 2:47, Irving Ground Service perfekt, Flieger vollgetankt, eingepackt, Einreiseformalitäten telefonisch erledigt, Zimmer bezogen, Duschen – Abendessen.
Solltet Ihr einmal statt Dobersberg Goose Bay anfliegen, würde ich Euch Freitag als Flugtag empfehlen, da ist im einzigen Restaurant der Stadt immer Fisch Abend (mit Krabbenfüßen).
Am nächsten Morgen war um 5 Uhr Tagwache, 30 Minuten später Abfahrt zum Flugplatz, geplante Abflugzeit 0600 Loc. = 0900UTC. Doch leider spielte das Wetter nicht mit, da in Narsarsuaq OVC 1200 reported wurde. Overcast 1200 ft.bedeutet 400 ft. unter dem Minimum. Unser Alternate Nuuk war noch schlechter mit VV200 und bcmg fog. Da man in Grönland nicht so viele Landemöglichkeiten vorfindet, war unsere erste Idee einmal 1 Stunde zuzuwarten. Leider wurde es nicht besser und so suchten wir nach einer anderen Landemöglichkeit. Wir kamen nach einem Telefonat mit Narsarsuaq, wo das Wetter nach telefonischer Auskunft weiterhin below minima war, auf die einzige noch verbleibende Möglichkeit über Kangerlussuaq BGSF unsere Reise fortzusetzen. Laut Internet METAR OK und ebenso der TAF. Wäre BGSF ebenso zu gewesen, wären wir bis Montag in Goose gesessen, da in Grönland am Sonntag alle Flugplätze geschlossen sind. Also Flugplan ändern und ab mit uns.
CYYR (53°19'09"N 60°25'33"W) BGSF (67°01'01"N 50°41'22"W) 15° (N) 872 nm
Um 1130 Loc. waren wir endlich airborn und am Weg nach Grönland. Nach Einholung unserer Ocean-Clearance bei Gander-Control, konnten wir direkt nach Kangerlussuaq fliegen. Man erhält mit dieser Freigabe Koordinaten wo man sich verpflichtend melden muß. Ungefähr so: Gander, Gander N724DL 45°N 50°W time 1425 next report at 50°45°W at time 1540
Da unser HF Funkgerät den Geist aufgab, konnten wir eine Positionsmeldung nur über Nuuq Airport absetzen (Relais über Airliner Frq.123.45, wie in vielen Reiseberichten erwähnt sind reine Latrinengerüchte). Da wir in FL 350 schon sehr früh mir BGSF Funkkontakt hatten, waren wir auf Grund des positiven Wetterberichts merklich erleichtert. Über Wolken setzten wir unseren Flug fort und fielen in ungefähr 4000 ft aus den Wolken. Der Anflug war VMC und wirklich easy. Landung auf der langen Piste ebenso. Flugzeit 02:48 Kangerlussuaq ist der Hauptflughafen Grönlands und verfügt über einen LOC DME approach.
Am Flughafen waren noch andere Ferry Flieger und somit herrschte in der Abfertigung reges Treiben. Wir hatten auch die Möglichkeit die Eclipse zu begutachten, welche gerade am Weg von Amerika in die Ukraine war (wo sie auch hingehört). Fälschlicherweise wird die C510 immer mit der Eclipse verglichen, was ich für eine bodenlose Frechheit halte. Die C510 ist ein wirklich tolles Flugzeug, die Eclipse hingegen eine Baustelle (Avionic nicht zugelassen, man bekommt bei der Auslieferung ein Garmin 496 dazu). Flugplan hatten wir bereits in Goose gemacht und nach Bezahlung von Kerosin und Handling, Departure, Administration Fee setzten wir unsere Reise Richtung Island fort.
BGSF (67°01'01"N 50°41'22"W) BIRK (64°07'48"N 21°56'26"W) 90° (E) 730 nm
Nach 2 Minuten waren wir bereits wieder in Wolken und so flogen wir bis kurz vor der Landung immer on top. Leider haben wir dadurch nichts von der tollen Landschaft Grönlands gesehen, was wir alle sehr bedauerten. In 2000 ft. bekamen wir im Anflug auf Reykjavik wieder den Boden (Wasser) zu sehen. Anflug, Landung problemlos. Die Flugzeit betrug 02:15. Beim Öffnen der Türe wurden wir von einem Zollbeamten empfangen der uns lediglich nach Alkohol fragte. Das Handling-Service war professionell und flott. Nach kurzer Beratung entschieden wir uns, die Reise Richtung Schottland fortzusetzen.
Mittlerweile war es 20 Uhr UTC und die meiste Plätze in Schottland schließen um 2200 UTC. Oder aber sie haben offen, jedoch kein Benzinservice mehr. Nach unzähligen Telefonaten mit diversen Flugplätzen blieb uns nur die Möglichkeit nach Glasgow zu Fliegen (natürlich nur unter Bezahlung von Überstunden). Wir hatten auch bereits einen Plan nach Leeds gefiled, dem wir nur den Alternate Glasgow hinzufügten. Somit stand dem Weiterflug Richtung Schottland nichts mehr im Weg. Irgendwie hatten wir alle den Wunsch nach Österreich zu kommen und in Glasgow nur zu tanken und so schnell als möglich Richtung Wien weiter zu fliegen. Zum Flugplan schreiben und Routing erstellen fehlte uns die Zeit und so musste ich meinem alten Freund und Fluglehrer Heinz Weber diese Aufgabe übertragen. In der Hektik vergaß ich ihm das Kennzeichen und andere Kleinigkeiten mitzuteilen. Irgendwie gelang es ihm aber doch einen Flugplan zu erstellen. Danke Heinz!
BIRK (64°07'48"N 21°56'26"W) EGPF (55°52'19"N 04°25'59"W) 125° (SE) 720 nm
Abflug aus Island ohne besondere Vorkommnisse, direktes Heading nach Schottland. Beim Erstanruf von Scottish Control teilten wir mit, dass wir zu unserem Alternate Glasgow diverten. Unbürokratisches Rerouting direkt EGPF.
Nach 02:23 Flugzeiz erreichten wir Glasgow. Das Signature FBO erwartete uns sofort nach Landung um den Flieger zu tanken. Wir bekamen unser Flight Briefing ausgehändigt und waren 40 Minuten später bereits wieder am Rollweg.
EGPF (55°52'19"N 04°25'59"W) LOWW (48°06'37"N 16°34'11"E) 112° (E) 903 nm
Diesen 3 Stunden Flug empfindet man eigentlich wie Krems Stockerau. Man ist in Mitteleuropa und geistig schon zu Hause. Da es bereits nach Mitternacht war wurde uns nach kurzer Zeit aufgrund des geringen Verkehrsaufkommens ein direkt Routing bis zur tschechisch-deutschen Grenze gewährt. Am Funk sind größtenteils UPS und FedEx Flugzeuge zu hören. Ein tolles Gefühl entsteht beim ersten Funkkontakt mit Wien Radar. Jetzt wird real – man ist in Österreich und hat den Atlantik (nach hoffentlich guter Landung) unbeschadet überquert. Die Ausläufer des Unwetters der vergangenen Nacht meisterten wir auch noch und der visual approach 29 war unspektakulär.
N724DL cleared to land runway 29 hört man nach ca. 11 Stunden Flugzeit schon irgendwie gern.
Noch kurz verrollt, Triebwerke abdrehen, Flieger russisch ausräumen, einpacken, Ferry Equipment mitnehmen – Crew Bus besteigen, das wars.
Resümee: Toller Flug, Super Team, netter Flieger, interessante Impressionen. Das von mir immer erhoffte Lindbergh Feeling kam leider nicht auf, da die Mustang ein zu toller Flieger ist.
Um dieses Feeling zu verspüren, hätte ich vielleicht die Ziffern des Flugzeugmusters Brodmann-konform richtig reihen sollen.
150 oder doch 510?
(Hauptsache eine Cessna)!
Geschrieben von: Manfred Brodmann