FSV2000
Mittwoch - Oktober - 15.10.2008 - 15:34 Uhr
Pilot im Dienste der Wissenschaft
Klingt heroisch, - tatsächlich war es eines der spannendsten und lehrreichsten Flugabenteuer in meiner zugegebenermaßen erst kurzen Fliegerlaufbahn.
Begonnen hat alles so: Am Flugplatz Stockerau las ich ein Fax wonach die Karl Franzens Universität Graz PilotInnen für einen psychologischen Test sucht. Wer mich kennt weiß dass ich mich bei solchen Dingen nicht lange bitten lasse.
Nachdem das Wetter ein paar Mal einen Strich durch die Rechnung gemacht hat, war es dann am 11.10 endlich soweit. Ich fand mich um 11 Uhr am Flugplatz Punitz bei der Firma AMT ein, die mit der Uni Graz diese Untersuchung durchführt. Nach zahlreichen psychologischen Fragebögen wurde ich von oben bis unten verkabelt um Atemintensität und Rhythmus, Herzschlag und Hautwiderstand aufzuzeichnen.
Die Daten werden verwendet um die Zusammenhänge von Stress und Lernen im Flugumfeld besser zu verstehen.
Das definierte Lernziel für den Piloten lautet in diesem Fall auf sogenannte unusual attitudes richtig zu reagieren. Attitude bezieht sich hier allerdings in der Übersetzung nicht auf den Piloten (ungewöhnliches Verhalten) sondern auf die Fluglage. Es mag schon vorkommen und durchaus auch verunsichern wenn Piloten sich ungewöhnlich verhalten, doch wenn dies dann auch noch das Flugzeug betrifft, dann wird´s wirklich brenzlig. Gemeint sind damit Flugzeuglagen die abgesehen vom Kunstflug im Normalfall vom Piloten nicht gewollt sind und ohne gezielten Steuerungseingriff zum Absturz führen.. Allgemein bekannt ist hier beispielsweise das Trudeln. Dementsprechend mulmig wurde mir zumute als ich hörte, dass ich nun bald dieses und weitere heikle Manöver selbst fliegen würde…
Und dann war es soweit. Mein Trainer Ao.Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. techn. Reinhard Braunstingl (zum Glück gibt’s unter Fliegern nur das Du, also Reinhard) begrüßte mich mit seiner Pitts. Die Pitts S2B ist ein zweisitziges 260 PS starkes, traumhaft schönes Kunstflugzeug. Während ich mich immer noch am Anblick des Flugzeuges erfreute, erklärte mir Reinhard nun die insgesamt 4 Flugmanöver die es zu fliegen galt im Detail. Dies alles in einer Ruhe und Gelassenheit als wenn es lediglich darum ginge ein paar Frankfurter aus dem Wasser zu holen.
Wie ein solches kam ich mir dann allerdings vor, als ich in die wunderschöne aber auch unglaublich enge Maschine einstieg. Nachdem Reinhard das Flugzeug in die Luft gebracht hatte durfte ich das Steuer übernehmen. „Your Controls!“ und ich tauchte in eine fliegerisch vollkommen neue Welt ein. Einfach beeindruckend wie schnell die Maschine steigt und sich um die Achsen steuern lässt. Nach erreichen der Zielhöhe zeigte Reinhard zunächst immer das Manöver vor, dann musste ich die Augen schließen, er brachte die Maschine in die „ungewöhnliche Fluglage“ und ich übernahm mit dem Stichwort „Recover!“ Von hier weg wurden die nächsten Schritte nacheinander abgearbeitet: Power off- Push - Roll - smooth Pull- Power setting – Recovered! Danach einfach nur das tolle Gefühl die Situation im Griff zu haben. Nach ca. 30 Minuten Training ging´s dann schon zurück zum Flugplatz wo die Eindrücke und Lernerfahrungen mittels Fragebögen abgefragt wurden.
Dann folgte der zweite Teil des Trainings der im Simulator stattfand. Spannend war hier die Tatsache, dass die Handlungsabläufe bereits weitgehend automatisiert und somit auch im Simulator Schritt für Schritt realitätsnah klappten.
Nach einer weiteren Fragebogensession ging dieser lehrreiche Tag zu Ende.
Obwohl ich hoffe die Fähigkeiten in der Praxis nie einsetzen zu müssen ist es ein gutes Gefühl zu wissen was im Ernstfall zu tun ist.
Andreas Nussbaumer
PS: Es werden noch Piloten für den Test gesucht, mein Tipp: schnell melden!!
Auskünfte lt. Aushang im Briefingkammerl bzw. Details gerne bei mir!
andreas.nussbaumer@unitis.at
www.unitis.at
0676 848 216 15
Geschrieben von: Wolfgang Gockert