FSV2000
Freitag - August - 27.08.2010 - 07:00 Uhr
Wie landet man eine Pitts – eine Erfahrung der besonderen Art
Nach einigen Jahren mehr oder weniger erfolgreichem Herumfliegen mit allen möglichen Segelflugzeugen von K8 bis zu Fox und Swift, Motorseglern, sowie diversen knüppelgesteuerten Motorflugzeugen von Katana bis zu Remorqueur und DA40 suchen Günter Mayer und ich wieder mal neue fliegerische Herausforderungen.
Koni Zeiler, der ein paar Flugstunden und Type-Ratings mehr hat und uns schon die Segelkunstfliegerei beigebracht hat, stellt die Verbindung zu den Besitzern eines kleinen roten Kunstflug-Doppeldeckers namens Pitts S2A am Spitzerberg her und möchte das Ding selbst auch erfliegen.
Wir, Koni und ich, reisen natürlich standesgemäß an – mit dem Falken.
Die Pitts hat den zweifelhaften Ruf, eines der am schwierigsten zu landenden Flugzeuge überhaupt zu sein und dementsprechend respektvoll gehen wir an die Sache heran. Aufgabenstellung für heute: Gewöhnung an das Gerät, Starten und Landen, Platzrunden. Die Kunstfliegerei kommt erst später und ist nach den vielen Segelkunstflügen auch sicher nicht mehr die wirklich große Herausforderung.
Koni fliegt als erster mit unserem Einweisungspiloten Thomas Herrele und überlässt mir nach 3 Landungen und breitem Grinsen im Gesicht das vordere Cockpit der Pitts.
Der Einstieg ist mühsam, aber erst mal drinnen angekommen ist alles völlig anders, als ich bisher gewöhnt bin. Das Instrumentenbrett ist genau auf Augenhöhe und ca. 20cm vor meiner Nase. Davor steht die Motor-Cowling weit in den Himmel und verstellt jegliche Sicht nach vorne. Das Rollen ist schon die erste Herausforderung und geht nur in Schlangenlinien, da wir sonst ganze Flugzeuge auf dem Rollweg glatt übersehen würden.
Die Beschleunigung beim Start ist zwar druckvoller als mit einer leeren Remorqueur, aber auch nicht so, dass es einen vom Hocker reißt. Bei ca. 50 MPH beherzt drücken, damit das Heck in die Höhe kommt und die Gegend vor uns wieder sichtbar wird. Die anschließende Beschleunigungsphase ist mehr Hüpfen als Rollen, aber nach ein paar Sekunden ist eh alles vorbei und wir heben ab. Im Steigflug mit 100 MPH verschwindet die Gegend vor uns wieder weit unter der Flugzeugnase. Der untere Flügel verstellt die Sicht seitlich nach unten und die obere Tragfläche verhindert im Kurvenflug die Sicht nach innen. Das verbleibende Sichtfeld wird durch diverse Stangl, Drähte und Streben zerteilt.
Nach ein paar Kurven, sowie Roll- und Koordinationsübungen kommt die eigentliche Challenge und wir beginnen den Landeanflug. Da die Cowling sogar im Reiseflug etwas über dem Horizont steht würden wir im Anflug wahrscheinlich sogar ganz Schwechat übersehen und daher gibt’s nur eines – eine Fläche mit 30-40 Grad Querlage hängen lassen und rein ins obere Seitenruder. Mit einem ordentlichen Seitengleitflug wird zwar die Landebahn wieder sichtbar, aber dafür geht’s mächtig abwärts. Geschätzter Anflugwinkel ca. 30° - da haut‘s sogar einem Segelflieger die Kipfler raus – und dabei haben wir noch reichlich Leistung stehen. Klappen setzen kannst eh nicht vergessen, weil nicht vorhanden, dafür ist die Anfluggeschwindigkeit mit 100-105 MPH nur knapp unter der Falken-Vne.
2 Meter über dem Boden leite ich den Slip wieder aus und statt der Landebahn gibt’s wieder nur die mächtige Cowling zu sehen. Nur in den Augenwinkeln wischen links und rechts die Pistenmarkierungen vorbei. Das Ausschweben selbst ist bis auf die nicht vorhandene Sicht nach vorne nicht viel schwieriger als mit dem Falken, aber wer jetzt glaubt, dass damit alles vorbei ist, der irrt sich gewaltig. Die eigentliche Herausforderung bei der Pitts-Landung ist nämlich die Ausrollphase, wo die ganze Fuhre mächtig instabil wird und flotte, wohldosierte Beinarbeit gefordert ist. Dabei auch nur ans Bremsen zu denken würde schon zu einem längeren Werftaufenthalt führen.
Nach 3 Landungen und einem durchgeschwitzten T-Shirt übergebe ich mit dem gleichen Grinser wie Koni die Pitts an Günter Mayer.
Der Umstieg auf den Falken ist schon ein heftiger Kontrast und bei der Heimreise kommt uns der „Rentner-Jet“ irgendwie noch langsamer als sonst vor.
Erkenntnisse nach 3 Pitts-Landungen:
Eine Pitts halbwegs sicher zu landen ist definitiv eine der größten fliegerischen Herausforderungen jenseits der militärischen Fliegerei
Spornraderfahrung und ordentliches Slippen sind Grundvoraussetzung
Ein paar hundert Falken-Landungen sind eine recht gute Basis (im Ernst)
Nur Katana- oder Cessna-Erfahrung bringt wenig bis nix
Man muss nicht unbedingt sehen, wo man hin landet
Die Aufgabe ist anspruchsvoll, aber nicht unlösbar
Link: Austrian Aerobaticteam
Link: Austrobatics
Geschrieben von: Josef Reithofer